"Wegschauen macht nichts besser"

Diskriminierung im österreichischen Fußball muss thematisiert werden. Das findet eine Arbeitsgruppe verschiedener Wiener Fanszenen und holt Ende September die in Deutschland entwickelte Ausstellung »Tatort Stadion« in die Stadt. Mitorganisator Alexander Fontó hofft darauf, junge Fußballfans für das Thema zu sensibilisieren.

Die Wanderausstellung »Tatort Stadion. Fußball und Diskriminierung« dokumentiert rassistische, homophobe, sexistische und antisemitische Vorfälle im Fußball – und die Gegenaktionen von Fans, Vereinen und Verbänden. Die Ausstellung wurde 2001 vom Fannetzwerk »Bündnis aktiver Fußballfans« in Deutschland entwickelt. Seit April 2010 gibt es eine komplett überarbeitete Neufassung, die schon in über 50 Städten zu sehen war, darunter auch 2011 in Innsbruck. Ende September macht »Tatort Stadion« nun erstmals in Wien Station.

 

ballesterer: Warum hat es so lange gedauert, die Ausstellung »Tatort Stadion« nach Wien zu bringen?
Alexander Fontó: Bisher haben wahrscheinlich die Leute gefehlt, die das Interesse, die Motivation und den Mut gehabt haben, das einfach umsetzen. Außerdem hat es an den Strukturen gehapert. In Innsbruck hat es mit der »Faninitiative Innsbruck« schon eine Basis gegeben. Die neue Organisation »pro supporters«, die Fanarbeit in Österreich koordiniert, hat mit ihren Kontakten und Strukturen unsere Arbeit in Wien erleichtert.

 

Wie hat sich die Gruppe für die Ausstellung gefunden?
Wir sind ein loser Zusammenschluss aus den Fanszenen von Rapid, Austria, Vienna und Sportklub. Uns verbindet, dass wir die Ausstellung gut finden – und enttäuscht darüber waren, dass sie in einer Stadt mit fast zwei Millionen Einwohnern und vier größeren Fußballvereinen noch nie zu sehen war. Ganz generell missfällt uns der typisch österreichische Umgang mit Diskriminierung im Fußball. Wir wollen, dass darüber gesprochen wird.

 

Unter den Organisatoren fehlen die größeren Fanklubs von Rapid und der Austria. War es hier schwierig, Unterstützung zu finden?
Vorweg muss ich sagen, dass die Motivation bei solchen ehrenamtlichen Projekten generell nicht ins Unermessliche geht und man oft nachhaken muss. Die Ausstellung soll aber auch nicht von einem Verein oder einer Fanszene abhängig sein. Leider wollten sich weder bei der Austria noch bei Rapid die größeren Fanklubs mit der Gegenseite an einem Tisch setzen.

 

Die Ausstellung ist in Deutschland entstanden, wird sie für den Standort Wien ergänzt?
Ja, es wird drei bis vier neue Schautafeln geben, die dann mit der Wanderausstellung weiterreisen werden. Eine davon behandelt zum Beispiel rechtsextreme Vorfälle in österreichischen Stadien.

 

Wer ist Ihre Zielgruppe?
In erster Linie jugendliche Fans, die vielleicht erst seit Kurzem ins Stadion gehen und die wir für Themen wie Rassismus, Faschismus, Sexismus und Homophobie sensibilisieren wollen. Aber die Ausstellung ­richtet sich auch an ein fußballfernes ­Publikum.

 

Der überwiegende Teil des Fanlebens kommt ohne Gewalt, Rassismus und Diskriminierungen aus. Besteht nicht die Gefahr, dass die Ausstellung den Blick auf die positiven Aspekte der Fanszenen überdeckt?
Diese Gefahr sehe ich nicht. Es ist wichtig, negative Entwicklungen im Fußball aufzuzeigen, weil wegschauen einfach nichts besser macht. Trotzdem werden wir sicher nicht auf gewisse Fanklubs, Tribünen oder Vereine hinhauen. Es werden auch nicht nur negative Beispiele gebracht, sondern ebenfalls Aktionen gegen Diskriminierung präsentiert. Fanszenen können ihre Initiativen bei der Ausstellung präsentieren.

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