Wiener Konferenz stellt Integration im Sport auf europäische Tagesordnung

Mehr als 100 Delegierte von 76 verschiedenen Organisationen aus 22 Ländern trafen in Wien Mitte September zusammen, um die weit verbreitete Exklusion von MigrantInnen und ethnischen Minderheiten in europäischen Sportinstitutionen zu diskutieren.

vlnr: T. Hollerer, I. Fellmann, W. Gaillard, B. Ooijen, J. Kellock (c) FairPlay-vidc/Stefan Radvanyi

Die europäische Konferenz “Sport und Integration” brachte im Haus des Sports des österreichischen Sportministeriums AktivistInnen von NGOs, Fußball- und SportfunktionärInnen, VertreterInnen ethnischer Minderheiten, SpielerInnen, Trainer, Fans und WissenschafterInnen zusammen. Nationale und internationale Institutionen wie die Europäische Kommission, der Europarat, das Sportministerium, die UEFA, der ÖFB, die Spielergewerkschaft FIFPro oder der europäische Verband der Sportorganisationen ENGSO, trugen zum lebhaften Austausch bei.

 

 

William Gaillard, Berater des UEFA Präsidenten Michel Platini, argumentierte, dass aktive Fördermaßnahmen im europäischen Sport notwendig sind, um spürbar mehr Gleichheit zu erreichen:

 

„Frauen und ethnische Minderheiten können es nicht auf die nächste Ebene schaffen. Sie stoßen an eine harte gläserne Decke. Wir leben in einem ‚Altherren-Club‘, die denselben Lebensstil teilen, der keinen Platz für Minderheiten übrig lässt. Beim Kongress in Paris fällte die UEFA die Entscheidung, eine Frau in das Exekutivkomitee aufzunehmen. Dieser erste Schritt wäre undenkbar gewesen ohne den äußeren Druck.
Demokratie ist kein faires System für Minderheiten oder sogar Mehrheiten wie im Fall von Frauen. Deswegen befürwortet Präsident Platini diese positive Diskriminierung. Wir benötigen dringend neuen Input, sonst bleiben wir im 19. Jahrhundert stehen. Haltet weiterhin den Druck auf den Sport aufrecht!“

 

 

Ulrike Lunacek, Mitglied des europäischen Parlaments, richtete sich mittels einer eingespielten <link http://www.youtube.com/watch?v=3zygdFZWaFE _blank external-link-new-window>Videobotschaft</link> an die TeilnehmerInnen:

 

„Wir wissen, dass es ein grundsätzliches Problem im Sport gibt, nämlich seine strukturelle Diskriminierung, die MigrantInnen, Mitglieder ethnischer oder sexueller Minderheiten und auch Frauen betrifft. Das Ziel dieser Konferenz ist es nun, Strategien und Empfehlungen zu entwickeln, wie man das Problem der ‚gläsernen Decke’ überwinden kann. Es ist eine Herausforderung, denn die besten Spieler kommen oft aus ethnischen Minderheiten, aber sie sind nicht in gleicher Weise in Management-Positionen repräsentiert, in den Strukturen, in denen Entscheidungen getroffen werden.“

 

 

Bart Ooijen, Vertreter der Sportabteilung der Europäischen Kommission, hob die soziale Inklusion von MigrantInnen durch Maßnahmen der EU im Sport hervor. Hintergrund dafür ist der Lissabon-Vertrag aus dem Jahr 2009, in dem eine formale Kompetenz der EU für den Sport festgelegt wurde.

 

„Wir können nun das Potenzial des Sports als ein Instrument für soziale Integration besser in der Politik, den Maßnahmen und den Programmen der EU und ihren Mitgliedsstaaten nutzen. Alle BürgerInnen sollten gleichen Zugang zum Sport haben! Aber welche sind die Indikatoren für soziale Inklusion im Sport?
Erstens, die erhöhte Beteiligung, z. B. dass migrantische Frauen nicht isoliert zuhause sind, sondern aktiv in Parks, Sportplätzen und bei Veranstaltungen auftreten. Außerdem soll der Sport unterschiedliche Kulturen und Religionen berücksichtigen, wie etwa den Ramadan. Führungspositionen sind ausschlaggebend, wir brauchen MigrantInnen als Mitglieder in den Vorständen und Komitees. Die großen Sportorganisationen müssen ihre TrainerInnenausbildung verbessern, um echte Integration zu ermöglichen.“

 

 

Die ‚gläserne Decke’ durchbrechen:  Von oben und von unten
Nach den Podiumsdiskussionen am Vormittag des ersten Konferenztages wurden in drei Workshopgruppen folgende Themen aufgearbeitet: Die Rolle der Vereine, Verbände und öffentlichen Verwaltung beim Durchbrechen der ‚gläsernen Decke’ für ethnische Minderheiten; innovative Ansätze, Tools und Kampagnen gegen Exklusion und Diskriminierung im Sport; Selbstorganisation und Stärkung von migrantischen Gruppen im Sport.

 

 

An den Podiumsdiskussionen der eineinhalbtägigen Konferenz beteiligten sich auch ehemalige Profifußballer wie der österreichische Ex-Internationale Gilbert Prilasnig (derzeit Jugendleiter bei seinem früheren Klub SK Sturm Graz), Ex-Hibernian FC Mittelfeldspieler Tony Higgings (derzeit Vorstandsmitglied der FIFPro), Ex-Fulham FC Kapitän Simon Morgan (aktuell Leiter der Abteilung Community Development bei der Premier League) und Vladimir Sendrei, Ex-Spieler von MSK Rimavska Sobota und Roma-Aktivist. Letzterer gründete eine NGO in der Ostslowakei, um Eltern der Roma-Minderheit zu überzeugen, ihre Kinder zu lokalen Fußballvereinen zu schicken und nicht nur auf die staatliche Sozialhilfegelder zu warten.

 

 

Vernetzung für soziale Inklusion im Sport
Die Europäische Konferenz „Sport and Integration: Challenging social exclusion in and through sport“, die im Haus des Sports in Wien von 19. – 20. September stattfand, wurde von der österreichischen Initiative FairPlay. Viele Farben. Ein Spiel. am VIDC im Rahmen des laufenden EU-Projektes „SPIN – Sport Inclusion Network“ organisiert.

 

Das SPIN-Projekt ist eines von fünf im Bereich der sozialen Inklusion, das von der Sportabteilung der EU-Kommission gefördert wird. Die SPIN-Projektpartner sind die italienische Sportorganisation UISP, der irische Fußballnationalverband FAI, die von MigrantInnen geführte Mahatma Gandhi Human Rights Organisation aus Ungarn, Camino aus Deutschland, Liikkukaa aus Finnland, die portugiesische Spielergewerkschaft und FairPlay-VIDC als Projektträger.

 

Die SPIN-Konferenz wurde von der Stadt Wien, sowie dem Sportministerium und dem ÖFB kofinanziert.

 

Am 12. Jänner 2012, einen Tag vor der Eröffnung der ersten Olympischen Jugend-Winterspiele, wird sich ein europäisches SPIN-Seminar in Innsbruck erstmals mit der Einbindung von jugendlichen MigrantInnen im Wintersport befassen.

 

<link http://www.sportinclusion.net/ _blank external-link-new-window>www.sportinclusion.net</link>

https://www.fairplay.or.at/news/news/wiener-konferenz-stellt-integration-im-sport-auf-europaeische-tagesordnung#top