Das Ende der Bescheidenheit. 6. F_in-Vernetzungstreffen in Wien

Bereits zum 6. Mal traf sich am vergangenen Wochenende das Netzwerk F_in Frauen im Fußball, in diesem Jahr in Wien.

(c) Ariane Gramelspacher

(c) Ariane Gramelspacher

Schon das Motto der Einladung macht klar, dass es diesmal ins befreundete Ausland ging – „Kraweuf_inis auf Lepschi“, wie’s auf Wienerisch heißt. Im Untertitel übersetzt mit Radauschwestern auf Vergnügungsfahrt. Wobei das Vergnügen in diesem Fall auch in engagierten Diskussionen rund um Fußball und Fankultur bestand und in Planungen für weitere Aktionen des Netzwerks F_in Frauen im Fußball.

 

Fast 30 Frauen aus Deutschland und Österreich trafen sich auf dem von den Wiener F_in-Mitgliedern und der Organisation FairPlay-VIDC ausgerichteten Workshop vom 25. bis 27. Februar. Gestartet wurde natürlich klassisch mit einer Kennenlernrunde, gar nicht klassisch allerdings im Format des Speeddatings. Paarweise wurde so jeweils in aller Kürze das Wichtigste abgehandelt: Name, Ort, Verein, aktuelle Stimmungslage in der Kurve, Tabellenplatz, aktive Fußballerin, sonstige Interessen? – Frauen schaffen so etwas locker in zwei Minuten. Nachdem sich so Offenbacherinnen mit Salzburgerinnen, Hamburgerinnen mit grünen und lila Wienerinnen, Fanprojektlerinnen mit Ultras und Journalistinnen mit Fußballerinnen bekannt gemacht hatten, ging es schon direkt in das erste heiße Thema: Pyrotechnik.


Pyrotechnik in Österreich und Deutschland


Sowohl in Österreich als auch in Deutschland, wenngleich unter sehr unterschiedlichen Voraussetzungen, wird Pyrotechnik in der Fanszene viel diskutiert – und auch praktiziert. Nachdem die österreichische Gesetzgebung im vergangenen Jahr verschärft und zudem auch verschärft durchgesetzt wurde, nachdem der Pyroeinsatz zuvor praktisch ungeahndet blieb, gründete sich die stark beachtete Faninitiative „Pyrotechnik ist kein Verbrechen“ . Im Nachgang der Fandemo vom Oktober 2010  zogen Ultragruppen in Deutschland nach, entwickelten Konzepte zur Legalisierung von Pyrotechnik und starteten schließlich die Kampagne „Pyrotechnik legalisieren. Emotionen respektieren“.


Zunächst jedoch ging es nicht um die Fansicht, sondern darum, was Pyrotechnik eigentlich ist, wo die Gefahren liegen und welche Sicherheitsmaßnahmen zu beachten sind. Hier lieferte Thomas Csengel, Kontrollinspekteur im Entschärfungsdienst des BMI und selbst, wie er sagte, „aktiver Pyrotechniker“, aufschlussreiche Informationen, ganz ohne moralischen Zeigefinger.
Anschließend stellte mit Anke Wiedenroth eine Vertreterin der deutschen Kampagne die hiesige Initiative, ihre Entstehung und den aktuellen Diskussionsstand vor. Ein Konzept, das u.a. die Einrichtung von Pyrozonen mit entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen abgestimmt auf die jeweilige Situation vor Ort vorsieht, wurde inzwischen dem DFB übergeben. In der folgenden angeregten Diskussion ging es nicht nur um die praktische Umsetzbarkeit und Erfolgsaussicht, auch die Möglichkeit der Selbstregulierung innerhalb der Ultragruppen wurde kritisch hinterfragt.


Frauen in der Fanszene


Am Samstag war F_in zu Gast beim Wiener Sportklub im Vereinslokal der FreundInnen der Friedhofstribüne. Der Tag stand unter der thematischen Überschrift „Frauen in der Fanszene“. Teilnehmerinnen aus St. Pauli und Düsseldorf berichteten von ihren eigenen Erfahrungen und Erlebnissen in der Fan- bzw. Ultraszene. Die folgenden Diskussionen kreisten nicht nur um die Frage der möglichen Sonderstellung weiblicher Fans und eventuelle Diskriminierung, sondern auch um Themen wie Gewalt und Repression und den Einfluss, den die Kategorie Geschlecht hier hat – oder eben manchmal auch nicht hat. Deutlich wurde einmal mehr: Frauen haben im Fußball nicht nur zum Thema Sexismus etwas zu sagen, sondern eben auch zu den anderen Themen, die die aktive Fanszene bewegt.
Das ist auch der Grundgedanke für eines der Zukunftsprojekte, die am Nachmittag angeschoben wurden: Nachdem als Resultat des ersten Workshops schon 2005 der Sammelband gender kicks. Texte zu Fußball und Geschlecht  erschien, soll nun ein zweites Buch folgen. Die Idee fasst Heidi Thaler von FairPlay-VIDC und F_in-Gründungsmitglied folgendermaßen zusammen:


„Wir wollen in ganz verschiedenen Beiträgen – Texten, Interviews, Fotos, Collagen – zeigen, welche verschiedenen Rollen Frauen in der Fanszene einnehmen. Es ist ja nicht so, dass weibliche Fans sich ausschließlich mit dem Thema Sexismus beschäftigen, sondern eben mit allen positiven wie negativen Aspekten von Fußball und Fankultur.“


Natürlich darf bei einem Vernetzungstreffen von Frauen im Fußball auch der Fußball selbst nicht zu kurz kommen. Dafür ging es am frühen Abend ins Wiener Hanappi-Stadion zum Spiel von Rapid Wien gegen die SV Kapfenberg (2:0). Passend zum Thema des ersten Abends gab es dann natürlich auch Pyrotechnik in der Praxis zu sehen.


Ausweitung der Themen und Teilnehmerinnen


Der letzte Tag des Treffens begann mit einer ganz anderen Sportart, nämlich einer Runde Boxtraining im Wiener Kampfsportcenter DAN, das den Teilnehmerinnen gerade am Sonntagvormittag zwar einiges abverlangte, aber auch großen Spaß machte. Ein Dankeschön der Veranstalterinnen geht dafür auch noch mal die DAN-Crew! In der abschließenden Diskussionsrunde wurden die Ergebnisse des Treffens und weitere Pläne zusammengefasst sowie schon der voraussichtliche Ort für das nächste Treffen benannt: Es geht wieder zurück nach Deutschland und mit Offenbach an einen ebenfalls traditionsreichen Fußballort. Die Wiener Organisatorinnen zogen ebenso wie die Teilnehmerinnen ein positives Fazit. Elisbeth Kotvojs von FairPlay:


„Wir sind froh, dass so viele Frauen gekommen sind, und zudem auch viele neue Gesichter, aus Deutschland ebenso wie aus Österreich. Die Vernetzung klappt immer besser und auch das Themenspektrum von F_in wird immer breiter.“


F_in ist ein internationaler Zusammenschluss von weiblichen Fans, Fanprojekt-Frauen, aktiven Spielerinnen, Wissenschaftlerinnen und Journalistinnen  Gegründet wurde das Netzwerk im Jahr 2004 im Rahmen der von der KOS veranstalteten Tagung „Abseitsfalle!?“.


Das F_in-Treffen in Wien fand im Rahmen des EU-Projekts „Olympia – Strong(er) Women through Sport“ statt und wurde zudem von der Koordinationsstelle Fanprojekte KOS unterstützt.


Wir bedanken uns bei der Koordinationsstelle Fanprojekte KOS und Nicole Selmer, die uns den Bericht zur Verfügung gestellt haben.

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