Sport jenseits der Heteronormativität

Am Montag, 15.Oktober 2012, wurde die Ausstellung „Against the Rules – Lesben und Schwule im Sport“ in der BÜCHEREI PHILADELPHIABRÜCKE mit einem Vortrag des Initiators der Ausstellung, Klaus Sator, eröffnet.

Ein sportliches Quartett: David Kopay, Oscar Wilde, Amelie Mauresmo und Elfriede Jelinek

Am ersten Abend der Veranstaltungsreihe „Am Rasen sind wir alle gleich? Homophobie & Diskriminierung im Fußball“ erzählt Klaus Sator, der Initiator der Ausstellung, über Entstehungsgeschichte, Ziele, Methoden der Recherche, den Aufbau und die Wirkungsgeschichte der Ausstellung.

Die Wanderausstellung besteht aus 37 Bannern, von denen 17 Fragen von (Homo-)Sexualität im Sport in diversen Facetten thematisieren, und 20 Porträts bekannter und unbekannterer homosexueller Sportler_innen sind. Ausgestellt sind sie von 15.-25. Oktober in Wien in der Bücherei Philadelphiabrücke – ein öffentlicher Treffpunkt für Kinder, Jugendliche und Erwachsene und somit ein idealer Raum, um möglichst viele und unterschiedliche Menschen zu erreichen. Zu der Eröffnung selber sind leider weniger Menschen gekommen als erwartet. Die Besucher_innen waren dafür umso interessierter.  

Zu Anfang wurde das Publikum von der Bibliotheksleiterin Ehrentraud Holzer begrüßt. Anschließend sprach Kurt Wachter, Gründer und Hauptverantwortlicher der Initiative FairPlay am VIDC über die Arbeit von FairPlay gegen Rassismus, Sexismus und Homophobie im Fußball und machte auf die FARE Aktionswochen gegen Diskriminierung im Fußball, die von 16. – 31. Oktober stattfinden, aufmerksam.


Einleitend verwies die FairPlay Mitarbeiterin Nikola Staritz, Hauptverantwortliche des Projekts „Football for Equality“, auf weitere Veranstaltungen im Rahmen der Ausstellung und sprach über Problematiken im Umgang mit Homosexualität im Sport. Das (Tabu-)Thema Homosexualität im Sport erlebt eine Konjunktur der Aufmerksamkeit, die aufgrund der derzeitigen Debatte in Deutschland rund um ein anonymes Interview mit einem schwulen Fußballspieler und die naive Reaktion Angela Merkels darauf, neuen Aufschwung erlebt hat. Problematisch daran ist zum einen, dass die Verantwortung des gesellschaftlichen Umgangs mit Nicht-Heterosexualität auf die Individuen abgeschoben wird und zum anderen eine oberflächliche Sensationsgier vorherrschend ist.



„Gegen die Regeln- Der lange Weg einer Ausstellung“

Klaus Sator, Historiker und Politologe aus Berlin, hat die Ausstellung „Against the Rules – Lesben und Schwule im Sport“ das erste Mal vor 12 Jahren beim 20-jährigen Jubiläum des SC Janus gezeigt. Die Idee dazu kam ihm aufgrund seines großteils ehrenamtlichen Engagements am Zentrum für schwule Geschichte Köln und beim LesBiSchwulen Sportverein SC Janus.

Ziel der Ausstellung ist u.a. den Stellenwert des Sports in der Biografie homosexueller Frauen und Männer darzustellen. Das Hauptanliegen Klaus Sators’ ist jedoch das Aufzeigen der Bedeutung des Sports bei der Konzeption von Geschlechter-, Körper- und Verhaltensnormen. Relevant ist hier auch die Geschichte des Sports, insbesondere des Schulsports, der immer disziplinierend-militaristische Funktionen hatte. Das zweite große Ziel der Ausstellung ist aber auch die Thematisierung und Sichtbarmachung von Nicht-Heteronormativität im Profisport.  

Die Suche nach Quellen und die Beschaffung von Materialien war und ist schwierig. Vor allem im deutschsprachigen Raum, da weder die Sportwissenschaft noch die Schwulen- und Lesbenbewegung die Thematik von Homosexualität im Sport ausreichend aufgegriffen haben. Auch die Geschichtswissenschaft forschte bis dato wenig zu homosexuellen Sportler_innen. Biografien sind besonders interessant, aber nicht immer leicht zu bekommen. Gerade Interviews mit aktiven Sportler_innen sind äußerst selten, da kaum jemand dazu bereit ist sich porträtieren zu lassen. Quellen aus dem Internet nehmen eine ambivalente Rolle zwischen freizügiger Offenheit und fragwürdigem Wahrheitsgehalt ein. Somit stellt die Ausstellung auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern bietet lediglich eine Auswahl von Biografien an.

Die Inhalte von „Against the Rules – Lesben und Schwule im Sport“ werden laufend ergänzt und ausgetauscht. So werden zum Beispiel in Wien zwei Österreich-spezifische Porträts ergänzt, eines davon wird am Mittwoch präsentiert. Unterstützung erfährt die Ausstellung, nach der Erfahrung von Klaus Sator, v.a. von Frauen, da diese öfter die Ausstellung initiieren und auch besuchen.
Die Resonanz auf „Against the Rules – Lesben und Schwule im Sport“ ist schwer zu beurteilen, da es keine genauen Besucher_innenzahlen gibt. Entscheidend sind der Standort und die damit verbundene Laufkundschaft, weshalb, wie eingangs schon erwähnt, eine Bücherei ein besonders guter Ort ist. Das größte Interesse rufen zudem die Porträts hervor.

Für Klaus Sator ist es interessant zu beobachten, wie Besucher_innen reagieren. Dabei konnte er schon sehr unterschiedliche Reaktionen feststellen: Jugendliche, die sich über die Thematik lustig machen oder als unangenehm empfinden, Väter, die ihre Kinder wegziehen und Besucher_innen, die nur schnell durchgehen. Es gibt aber auch immer wieder Personen, die an den Bannern „hängenbleiben“ und Jugendliche, die sich ernsthaft mit der Thematik auseinandersetzen und positiv darauf reagieren oder die Ausstellung sogar als Ermutigung für den offeneren Umgang mit der eigenen Sexualität sehen.

Die Medien reagierten und reagieren leider eher zurückhaltend bis gar nicht auf die Ausstellung. Dafür hat „Against the Rules – Lesben und Schwule im Sport“ 2011 eine Auszeichnung des Deutschen Bundesministeriums erhalten.

Anschließend an den Vortrag wurden von den Besucher_innen noch einige Fragen zur Resonanz der Ausstellung im englischsprachigen Raum und zur Medienberichterstattung gestellt. Ein interessanter Einwurf war die Frage, inwiefern auch Täter_innen in „Against the Rules – Lesben und Schwule im Sport“ thematisiert werden (sollten). Dies ist natürlich ein relevanter Aspekt, der nicht außer Acht gelassen werden sollte. Die Ausstellung wird sich in Zukunft vielleicht mehr mit der Frage nach den Täter_innen beschäftigen. Derzeit liegt der Fokus allerdings auf Porträtdarstellungen.

Zum Abschluss gab es ein kleines Buffet mit Empanadas und Getränken.


„Against the Rules – Lesben und Schwule im Sport“ zeigt 17 Banner mit allgemeinen Informationen und 20 Sportler_innen verschiedener Disziplinen, die unterschiedliche Erfahrungen mit Homo-, Bi- und/oder Transsexualität gemacht haben. Es werden tragische und ermutigende Lebensgeschichten in kurzer, leicht lesbarer Form gezeigt, die beweisen, dass Sport nicht zwangsläufig den propagierten heteronormativen Männlichkeitsvorstellungen entspricht bzw. entsprechen muss.

Die Ausstellung ist noch bis 25.Oktober in der Bücherei zu sehen und wandert dann ins Gugg, das Vereinslokal der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien, wo sie von 26.-30. Oktober ausgestellt ist. Ermöglich wurde das Zeigen der Ausstellung und die Veranstaltungsreihe durch das EU-Projekt „Football for Equality“ und finanzielle Unterstützung der Stadt Wien, MA51/Sportamt.


[Menschik]

 

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