„Endlich wurde Afrika nicht vergessen“

Podiumsdiskussion zur WM 2010 in Südafrika nach TV-Übertragung des Afrika-Cup-Finales.

Africa Cup of Nations 2008

Das Finale des Afrika-Cups in Ghana am 10. Februar nahm FairPlay-vidc zum Anlass mit Experten aus der afrikanischen Community, Fans und Sozialwissenschaftler die Bedeutung der ersten Fußball-Weltmeisterschaft auf afrikanischem Boden zu diskutieren.

 

Knapp 100 fußballbegeisterte Gäste versammelten sich im Wiener Lokal pulse, um das Finale zwischen Titelverteidiger Ägypten und Kamerun zu sehen. In der 77. Minute schafften die „Pharaonen“ durch Mohammed Aboutrika das 1:0 und gewannen zum sechsten Mal den Africa Cup of Nations.

 

Nach dem spannenden Spiel präsentierten die FairPlay-MitarbeiterInnen Markus Pinter und Njideka Stephanie Iroh die neue FairPlay-Broschüre „Sport für Entwicklung" (<link fileadmin/Bibliothek/Fairplay/download/Sport-und-Entwicklung/FairPlay-Broschuere_SportuEntw08.pdf _self>download als pdf</link>).

 

Die Podiumsdiskussion rückte dann Fragen rund um das nächste afrikanische Fußballgroßereignis in den Fokus: die Fußball-WM in Südafrika 2010. Welche Chancen eröffnet die WM für den afrikanischen Fußball, wie gerechtfertigt ist die Kritik an den Vorbereitungen und kann eine WM die bislang neokolonialen Beziehungen zwischen Europa und Afrika positiv verändern?

 

Europäische Trainer und Erbe des Kolonialismus

 

Moderator Reinhard Krennhuber von <link http://www.ballesterer.at _blank>ballesterer fm</link><link http://www.ballesterer.at _blank> </link>eröffnete mit der Frage nach der starken Präsenz europäischer Trainer beim Africa-Cup: „Viele afrikanische Teams werden von europäischen Trainern trainiert, nur 4 von 16 haben einen afrikanischen Trainer. Ist es ein kontinentales Problem, hat Europa das bessere Know-how?“

Laut Emmanuel Ekeigwe, Präsident der <link http://www.nafa-academy.org/ _blank>New African Football Academy</link> in Wien, gibt es in Afrika genügend ausgebildete und gute Trainer. „Viele Probleme liegen in der Organisation: Afrikanische Trainer bekommen im Gegensatz zu den Spielern kaum eine Chance, auch nicht von ihren eigenen Verbänden.“

Ossiri Gnaore, Mitbegründer von <link http://www.afrikanet.info _blank>Afrikanet.info</link>, sieht das Problem in einem größeren Zusammenhang, der sich auch in den Ministerien und in der Verwaltung der afrikanischen Länder widerspiegele: das Erbe des Kolonialismus.

Der Vertreter der südafrikanischen Botschaft Maschudubele Mamabolo stimmte dem zu: „Das Erbe des Kolonialismus ist ein Problem über den Fußball hinaus. Südafrika hatte in jüngster Zeit immer wieder heimische Nationaltrainer. Wir haben sehr gute Trainer, aber sowohl diese als auch die Verbände brauchen mehr Selbstvertrauen in deren Fähigkeiten.“

 

Sicherheit und Tickets für afrikanische Fans

 

Gerald Hödl, Historiker an der Universität Wien, betonte dass die im Vorfeld der WM in Südafrika geäußerten Befürchtungen beim Thema Sicherheit und Organisation nicht spezifisch afrikanisch wären. „Bedenken“, so Hödl, „werden immer im Vorfeld von Großereignissen geäußert, siehe Klagenfurt, Athen oder Deutschland. In der Regel löst sich das aber rechtzeitig auf. Die Bilanz in organisatorischer Hinsicht ist, dass es im Großen und Ganzen sehr gut funktioniert hat, mit kleinen Pannen, die es aber in Deutschland 2006 gegeben hat und in Österreich und der Schweiz Juni 2008 und in Südafrika 2010 auch geben wird.“

 

Fans sind der Kern des Fußballs, weshalb sich die Frage nach der Vergabe der Tickets und Möglichkeiten für weniger privilegierte Fußballfans in Südafrika stellt. Es wird, so Gerald Hödl, eine Trennung in nationale und internationale Tickets mit unterschiedlichen Preisen geben, sowie ein bestimmtes Kontingent für die ärmere Bevölkerung Südafrikas. Gerade hier ist mit logistischen Problemen zu rechnen und mit der Gefahr dass viele Tickets am illegalen Markt verkauft werden. Viele Fans aus ganz Afrika werden zur WM nach Südafrika reisen. Aus Nigeria rechnet man mit 12.000 Fans. Vor allem die lokale urbane Bevölkerung wird vom Event angesprochen. „Ein bestimmter Teil der Bevölkerung, egal aus welchem Land, kann sich alles leisten, also auch eine Reise zur WM nach Südafrika. Zu der Frage nach billigen Tickets: Ich möchte das mit der Möglichkeit vergleichen, günstig Bodenschätze zu kaufen. Auch solche kann sich die ärmere Bevölkerung nicht leisten. Auch billige Tickets werden zu teuer sein,“ so Ossiri Gnaore.

 

Wer profitiert von der WM 2010?

 

Ein zentraler Punkt in der Diskussion war die Frage nach den Kosten und Nutzen der WM-Endrunde. Gerald Hödl merkte an, dass sich Südafrika die WM leisten könne, dass die Wirtschaft stabil sei, aber betonte gleichzeitig die Kritik innerhalb Südafrikas, das Geld solle lieber für soziale Angelegenheiten ausgegeben werden. „Das Gegenargument der Regierung und der Organisatoren ist, dass die Investitionen langfristig wirken und für mehr Jobs sorgen werden, aber das ist zweifelhaft, da in eine Infrastruktur investiert wird, die zum Teil nach der WM nicht mehr gebraucht wird.“ Dazu meinte Mamabolo: „Wir hoffen, dass auch die lokale Bevölkerung von den Fans und Gästen aus aller Welt profitieren wird, aber natürlich ist es notwendig, die Infrastruktur auch nach der WM zu nutzen und aufrecht zu halten. Das ist auch unser Ziel“

 

Nach einer starken Leistung der afrikanischen Teams und einem spektakulärem Cup, der auch international deutlich mehr Aufmerksamkeit bekam als in vergangen Jahren, ist es gut denkbar, dass Afrika bei der WM 2010 weit kommen könnte, speziell aus der Sicht der AfrikanerInnen, denn “Football’s coming home.“ Oder in den Worten von Emmanuel Ekeigwe: „Die WM findet in Afrika statt, nicht speziell in Südafrika. Es ist wichtig, dass die WM endlich in Afrika stattfindet und nicht so sehr wo. Wir haben lange darauf gewartet, und endlich wurde Afrika nicht vergessen. 2010 wird es im Mittelpunkt des Interesses stehen.“

 

Die Veranstaltung wurde von FairPlay. Viele Farben. Ein Spiel am vidc in Zusammenarbeit mit ballesterer fm, Afrikanet.info und GhanaLink durchgeführt und im Rahmen des FairPlay-Aktionsprogramms „Sport und Entwicklung 2008“ von der Österreichische Entwicklungszusammenarbeit (OEZA) gefördert

 

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