FIFA Fußball-WM Russland 2018 – Unser Spiel für Menschenrechte

Wien/Moskau, 29. November 2017 – Die Mannschaften, die bei der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2018 um den Titel kämpfen, stehen fest. Welche Teams in der Gruppenphase gegeneinander antreten werden, wird am 1. Dezember ausgelost. Aber wie steht es um die Menschenrechte im Austragungsland Russland?

Die Initiative OUR GAME macht bei einer Pressekonferenz am 29. November 2017 gemeinsam mit dem Menschenrechts-Aktivisten Alexandr Agapov, dem Fußball-Experten Alfred Tatar und der Journalistin und Autorin Susanne Scholl auf Menschen­rechtsverletzungen bei Sportgroßereignissen allgemein und die spezifische Situation in Russland aufmerksam.

Laut einer Investigativrecherche des norwegischen Magazins „Josimar“ arbeiteten Anfang 2017 mindestens 110 Bauarbeiter aus Nordkorea unter miserablen Bedingungen auf der Baustelle des russischen WM-Stadions in Sankt Petersburg. Sie lebten wie rechtlose Sklaven in einem mit Stacheldraht umzäunten Containerlager.

Homosexualität ist in Russland weitgehend tabu. Das Gesetz “zum Verbot der Propaganda nichttraditioneller sexueller Beziehungen unter Minderjährigen“ stellt seit 2013 positive Äußerungen über Homosexualität in Anwesenheit von Minderjährigen oder über Medien unter Strafe. Das Gesetz wurde jüngst in einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) als diskriminierend eingestuft.

Wir wollen eigentlich nur Sport betreiben. Die Diskriminierung hat uns zu Menschenrechts-Aktivisten gemacht”, sagt Alexandr Agapov, Präsident der Russian LGBT Sport Federation (des russischen Sportverbandes für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender) heute bei der Pressekonferenz von OUR GAME in Wien. “Wir müssen beispielsweise unsere Broschüren und Veranstaltungen stets als ‚nicht geeignet für Menschen unter 18‘ kennzeichnen”, erzählt Agapov. Er sieht die WM und das internationale Rampenlicht als große Chance, auf die Diskriminierung aufmerksam zu machen. Zu möglicher Gewalt bei der WM gegen Fans, die die LGBT-Bewegung unterstützen, stellt er fest: „Die Fan-Zonen werden sicher sein. Weiter weg kann es problematisch werden. Es ist wohl eher wahrscheinlich, von der Polizei misshandelt zu werden als von Hooligans.“

Spätestens seit den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotchi wissen wir, dass es problematisch ist, internationale Großsportevents an ein Land wie Russland zu vergeben, in dem Menschenrechte missachtet werden”, sagt Susanne Scholl, langjährige ORF-Auslandskorrespondentin in Moskau. Sie appelliert an Journalist_innen, ihre Augen offen zu halten und zu versuchen in Russland mit Menschen im Alltag zu sprechen.

Der ehemalige österreichische Fußballspieler und -trainer Alfred Tatar war als Trainer bei Lokomotive Moskau und Amkar Perm in der russischen Premjer-Liga tätig. „Als Trainer aus dem Westen bin ich persönlich nie mit Diskriminierung und Rassismus im russischen Fußball in Kontakt gekommen. Rassismus im Fußball ist jedoch leider immer noch eine weltweit präsente Problematik, auch in Österreich. Hier müssen wir ebenso vor unserer eigenen Tür kehren“, sagt Tatar. Er meint allgemein, dass aus den Protesten der Bevölkerung gegen Sportgroßevents wie etwa bei der Fußball-WM 2014 in Brasilien bisher wenig gelernt wurde: „Die Karawane von Großveranstaltungen zieht weiter.

Die Initiative „OUR GAME – Unser Spiel für Menschenrechte“ steht für Teamgeist, Gleichberechtigung, ein solidarisches Miteinander und globales Fair Play sowie für bindende Menschenrechtsstandards bei Sportgroßevents. Kurt Wachter von fairplay am VIDC, Koordinator von OUR GAME, stellt das Programm für 2018 vor. „Mit unseren österreichweiten Events und Workshops werden wir ein differenziertes Bild von Russland im Kontext von Sport und Menschenrechten vermitteln und Möglichkeiten für fairere Sportevents auf internationaler Ebene aufzeigen“, erläutert Wachter das Programm.


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