Das FARE-Netzwerk bereitet sich in Wien auf die Herausforderungen der Zukunft vor

Ein Jahrzehnt nach der Gründung des Netzwerkes Fußball gegen Rassismus in Europa (FARE) in Wien trafen sich mehr als hundert AktivitstInnen, Fans, Fußballfunktionäre, Spieler, PolitikerInnen und ExpertInnen aus mehr als 28 Ländern abermals in der österreichischen Hauptstadt, um die Weichen für die Zukunft des Netzwerkes zu stellen.

Copyright aller Fotos FairPlay-vidc/F. Stecher

An diesem Wochenende befasste sich die Netzwerkkonferenz „Football for Equality“, die im Horr-Stadion des FK Austria Wien stattfand, mit neuen Ansätzen zur Bekämpfung von Rassismus und Homophobie im europäischen Fußball. Nur wenige Tage zuvor hatten Anhänger von Austria Wien während des UEFA Europaleague-Spiels gegen Athletic Bilbao im Horr-Stadion Banner mit rechtsextremen Symbolen gezeigt und Gesänge mit faschistischen Slogans angestimmt.

 

In ihrer Eröffnungsansprache brachte Ulrike Lunacek (MdEP), Co-Präsidentin der LGBT-Inter-Gruppe des Europäischen Parlaments, ihre Zufriedenheit damit zum Ausdruck, dass FARE zum ersten Mal Homophobie zu einem hervorgehobenen Konferenzthema macht.

 

"Im Fußball", so Ulrike Lunacek, "ist es ebenfalls klar, dass es schwule Männer unter den Spielern gibt - aber die wenigsten haben sich geoutet. Justin Fashanu gehörte zu ihnen: Er war schwarz, aber auch schwul. Er konnte sein volles Potenzial nicht ausleben und beging wegen der Angst, der Reaktionen und der Vorurteile Suizid. Darum ist es so wichtig, gegen diese Angst vorzugehen, offen zu sein, die Oberfläche zu durchbrechen, das Schweigen zu brechen."

 

In der Eröffnungsveranstaltung berichteten darüber hinaus Alexander Pollak (Europäische Grundrechteagentur) und Georg Spitaler (Universität Wien) über die maßgeblichen Erkenntnisse der neuen europaweiten Studie “Prävention von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und verwandten Formen der Intoleranz im Sport”. Ein Hauptproblem bleibt die Tatsache, dass ethnische Minderheiten nicht in führenden Positionen im Sport vertreten sind, und dass es an Bewusstsein für derartige Formen struktureller Diskriminierung fehlt; auch die Unterrepräsentierung von Frauen und Mädchen im Sport stellt ein Problem dar. Etliche Fußballverbände regulieren den Zugang von Nicht-Staatsangehörigen sowohl auf Profi- wie auf Amateurebene, was einen klaren Verstoß gegen EU-Recht darstellt.

 

Patrick Gasser, Leiter der Abteilung für Fußball und soziale Verantwortung der UEFA, informierte über Einzelheiten der UEFA-Kampagne RESPECT, die in Wien während der UEFA EURO 2008 gestartet wurde. Die Kampagne betont den Respekt für Vielfalt und Unterschiede in der europäischen Gesellschaft und ist ein klares Statement gegen jede Form von Diskriminierung, einschließlich der Homophobie.

 

Spieler betonen erneut ihre Unterstützung für FARE

 

Am Sonntag Abend wurde im Rahmen eines FARE-Empfangs im Gerhard-Hanappi-Stadion, Heimstätte des österreichischen Bundesliga-Tabellenführers SK Rapid, der 10. Geburtstag von FARE gefeiert. Eine Reihe internationaler Spitzenspieler waren Redner bei dieser Veranstaltung.

 

Der Rapid-Mannschaftskapitän und österreichische Fußballer des Jahres 2009, Steffen Hofmann, erläuterte:
"In einem Stadion voller Menschen hört man dumme oder diskriminierende Bemerkungen. Das passiert auch hier in unserem Klub - aber unsere Fans reagieren darauf. Das ist sehr wichtig für uns. Wir als Spieler reden über Vorfälle, auch mit unseren Fans, damit diese nicht wieder vorkommen. Wir sind strikt gegen jede Form von Diskriminierung, denn wir kommen alle aus unterschiedlichen Ländern. Das Wichtige ist, dass wir gemeinsam Fußball spielen."

 

Der FARE-Botschafter Paul Elliott, ehemals Spieler bei Celtic und Pisa, betonte, dass der Kampf noch nicht gewonnen ist:
"Jeder Spieler hat das Grundrecht, in einem rassismusfreien Umfeld zu arbeiten. Das Wichtigste ist die Nulltoleranz gegen Rassismus und eine entsprechende Erziehung an der Basis. Fremdenfeindlichkeit, Homophobie und andere Formen von Diskriminierung sind im Fußball absolut unakzeptabel. FARE hat bei der Bekämpfung dieser ernsten Probleme im Fußball einen sehr guten Stand erreicht. Die Dinge haben sich gebessert, aber es stehen noch größere Herausforderungen vor uns und der Kampf hört nicht auf.
Die nächste Hürde besteht in den Strukturen, den Vorständen, den Verwaltungsgremien, der Einbeziehung von Minderheiten auf allen Ebenen. In meinem Land sind 40% der Spieler schwarz, aber es gibt sehr wenige schwarze Trainer oder Vorstandsmitglieder."

 

Der in Surinam geborene Stürmer Samuel Koejoe (DAC Dunajská Streda), der zuvor in der deutschen und der österreichischen Bundesliga spielte, erinnerte daran, wie er vor 12 Jahren im Hanappi-Stadion einer rassistischen Schmähung ausgesetzt war. Er zeigte den Rapid-Fans den Mittelfinger. Dies führte zu einer Bestrafung durch die örtliche Polizei, wohingegen der rassistische Vorfall ungeahndet blieb. Samuel Koejoe berichtete:
"Die Situation im Fußball verbessert sich etwas, und zwar wegen Leuten wie euch, die aktiv gegen Rassismus kämpfen, und daher werde ich FARE immer unterstützen."

 

Die anderen bei der Veranstaltung anwesenden Spieler waren Branko BoÅ¡ković (SK Rapid und Montenegro) und Oliver Prudlo, Vorsitzender der österreichischen Spielervereinigung und ehemaliger Spieler bei FC Wacker Innsbruck.

 

In einem gemeinsamen Aufruf sprechen die Spieler und Interessenvertreter ihre “volle Unterstützung aller Anstrengungen zur Verbannung von Rassismus und Homophobie aus dem Fußball” aus und rufen den europäischen Fußball auf, sich gegen Diskriminierung zu vereinen. Zu den Unterzeichnern des Aufrufs gehören Vertreter der UEFA, der österreichische Fußballverband, die österreichische Fußballliga, sowie öffentliche Körperschaften wie die Europäische Grundrechteagentur, das österreichische Ministerium für Sport und die Stadt Wien - sowie Mitglieder von FARE.

 

Neugestaltung von FARE für die nächste Dekade

 

Die Abschlussveranstaltung der Konferenz am Montag warf einen Blick auf die vor dem FARE-Netzwerk liegende Zukunft und die Erwartungen der verschiedenen Interessengruppen, darunter Gemeinschaften ethnischer Minderheiten und Schwarzer, Fans und Menschen mit Behinderungen. Die Delegierten diskutierten die Entwurfsfassung der neuen Statuten einer FARE-Vereinigung, die im Rahmen der nächsten FARE-Basiskonferenz formell gegründet werden soll. Darüber hinaus nahm ein neu gegründeter Interimsvorstand seine Arbeit auf, um den Übergang der Strukturen des FARE-Netzwerks einzuleiten.

 

Die FARE-Netzwerkkonferenz (12. - 14. Dezember 2009) wurde organisiert von österreichischen FARE-Gründungsmitglied FairPlay. Viele Farben. Ein Spiel und von der Europäischen Kommission- Generaldirektion Justiz, der UEFA und der Stadt Wien finanziell unterstützt.

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